

MSC richtet einen hochrangigen Roundtable zu Energiesicherheit in Stavanger aus
Die Münchner Sicherheitskonferenz veranstaltete gemeinsam mit der Offshore Northern Seas Foundation einen hochrangigen Roundtable zum Thema Energiesicherheit. Im Rahmen von sechs Diskussionsformaten tauschten sich rund 50 Entscheidungsträger:innen und führende Expert:innen über aktuelle geopolitischen Dynamiken im Bereich von Klima und Energie aus und diskutierten über die sicherheitspolitischen Aspekte der Energiewende.
Unter dem Titel „Imagining the Geopolitics of a Net Zero World“ richtete die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) gemeinsam mit der Offshore Northern Seas Foundation (ONS) am 25. und 26. August 2024 einen Roundtable zu Energiesicherheit aus. Die Veranstaltung am Vorabend der alle zwei Jahre stattfindenden ONS-Konferenz, eines der größten Energieforen der Welt, brachte rund 50 Teilnehmer:innen aus verschiedenen Bereichen, einschließlich Politik, Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, sowie aus unterschiedlichen Ländern aus dem Globalen Norden und Süden zusammen.
Energiesicherheit, Erschwinglichkeit und Nachhaltigkeit in Einklang bringen und grünes Wachstum fördern
Die Diskussionsrunden zeigten einen breiten Konsens über die Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen. Deutliche Unterschiede gab es jedoch hinsichtlich des richtigen Tempos und Ausgestaltung einer Energiewende, die Energiesicherheit, Erschwinglichkeit und Nachhaltigkeit in Einklang bringt. Während die sinkenden Kosten für saubere Energie die Wende weg von fossilen Energieträgern weltweit beschleunigen, wiesen die Sprecher:innen auf zwei erschwerende Faktoren hin: die hohen Vorlaufkosten für die Installation und Netzinfrastruktur erneuerbarer Energien und der erwartete Anstieg der Energienachfrage.
Die Teilnehmer:innen betonten, dass in Regionen, in denen große Teile der Bevölkerung noch keinen Zugang zu Elektrizität haben, die Dekarbonisierungsagenda diesen Zugang verbessern und mit stärkeren wirtschaftlichen Perspektiven einhergehen muss. In diesem Zusammenhang wiesen sie auf das Potenzial für grünes Wachstum in afrikanischen Ländern hin – sowie auf die größten Hindernisse: eine eklatante Investitionslücke und hohe Kapitalkosten. Obwohl Afrika über die besten erneuerbaren Ressourcen der Welt verfügt, wurden in den letzten zwei Jahrzehnten nur zwei Prozent der weltweiten Investitionen in saubere Energie auf dem Kontinent getätigt. Die Sprecher:innen riefen dazu auf, die aktuelle Wahrnehmung der Investitionsrisiken zu überdenken und internationale Finanzierungsmechanismen zu entwickeln, um privates Kapital zu mobilisieren.
Sich auf den Einsatz von Energie als geopolitisches Instrument einstellen
Die Teilnehmer:innen betonten, dass die Fragen rund um Energiesicherheit und die grüne Wende noch „nie zuvor so geopolitisch aufgeladen waren wie heute“. Russlands Einsatz von Energiebeziehungen als Waffe habe die Handelsströme fossiler Brennstoffe nachhaltig verändert und zu einer Ausrichtung entlang geopolitischer Trennlinien geführt. Eine mögliche weitere Eskalation des Nahost-Konflikts könne zu Lieferengpässen und höheren Preisen führen. Das Ziel, die Verwundbarkeit gegenüber Petrostaaten und der Volatilität der Öl- und Gasmärkte zu verringern, fördere den Umstieg auf saubere Energien. Die Sprecher:innen wiesen jedoch darauf hin, dass sich der Einsatz von Energie als Waffe auf grüne Märke erstreckt. Als Rückgrat zukünftiger Wettbewerbsfähigkeit stünden saubere Technologien im Mittelpunkt des geopolitischen Wettbewerbs zwischen China auf der einen Seite und den USA und ihren Partnern auf der anderen. Die Vormachtstellung bei der Herstellung grüner Technologien und in den Lieferketten kritischer Mineralien verleihe China einen wirtschaftlichen und geopolitischen Hebel.
Lieferketten diversifizieren und Partnerschaften zum gegenseitigen Nutzen aufbauen
Teilnehmer:innen aus Europa, den USA und Indien kritisierten, dass „wir uns eine so hohe Abhängigkeit von China erlaubt haben“, und betonten die Notwendigkeit, die Lieferketten zu diversifizieren, einschließlich durch industriepolitische Maßnahmen zur Förderung des heimischen Bergbaus und der heimischen Industrie. Teilnehmer:innen aus Ländern mit niedrigem Einkommen sahen diese Renaissance der Industriepolitik jedoch kritisch. In Erwartung von Handelsverzerrungen und Investitionsumlenkungen befürchteten sie „verheerende Auswirkungen auf ihre aufstrebenden Industrien“. Aus ihrer Sicht bleibe das von Europa und den USA erklärte Ziel, die Unterstützung der heimischen Industrie durch starke, für beide Seiten vorteilhafte internationale Partnerschaften zu ergänzen, unerfüllt. Der Hauptkritikpunkt war hierbei, dass diese Partnerschaften nach wie vor maßgeblich auf Rohstoffabbau und nicht auf die Weiterverarbeitung und Fertigung ausgerichtet seien. Die Sprecher:innen argumentierten, dass zwei Bedingungen erfüllt sein müssen, damit De-risking von China zu einer Chance für internationale Kooperation mit geteilten Vorteilen werden kann: Unterstützung für rohstoffreiche Länder bei dem Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten sowie hohe ESG-Standards.
Investitionen in Recycling und Substitution wurden als weitere Schlüsselelemente zur Verringerung der Abhängigkeiten bei kritischen Mineralien genannt. In einem Night-Cap-Format tauschten sich die Teilnehmer:innen ferner über die jüngsten Entwicklungen im Tiefseebergbau aus. Während einige Sprecher:innen diesen als große Chance zur Deckung des steigenden Mineralienbedarfs sahen, traten auch zahlreiche offene Fragen in Bezug auf Umweltrisiken und die gerechte Verteilung der Reichtümer des Meeresbodens zutage.
Internationale, sektorübergreifende Zusammenarbeit vertiefen
Um die Energiewende und grünes Wachstum voranzutreiben, wurde in allen Diskussionsrunden die Notwendigkeit betont, internationale Partnerschaften auszubauen und globale Kooperation über geopolitische Grenzen hinweg zu fördern – und daneben die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft zu vertiefen.
Die MSC wird sich um genau dies auch weiterhin bemühen, unter anderem im Rahmen des Munich Leaders Meeting in Brasilien und der UN-Klimakonferenz (COP29) in Baku im November sowie der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2025.
Über das Sustainability-Programm
Im Rahmen des Sustainability-Programms organisiert die MSC regelmäßig hochrangige Veranstaltungen, um die Debatte an den Schnittpunkten von Governance, Umwelt, Sicherheit und Wohlstand voranzutreiben. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Sicherheitsdimensionen des Klimawandels und einer sich rasch wandelnden geopolitischen Ordnung.