

Taking Stock of Europe’s “Tech Stack”: MSC Technology Roundtable in Brüssel
Am 15. Oktober 2025 organisierte die Münchner Sicherheitskonferenz einen Technology Roundtable in Brüssel, um ein Jahr der „Wettbewerbsfähigkeitsagenda” der Europäischen Kommission im Technologiebereich genauer unter die Lupe zu nehmen. Hochrangige Teilnehmer:innen diskutierten über Europas transatlantische Technologiepartnerschaften und -abhängigkeiten, die europäischen Pläne für die Halbleiterindustrie und, in einer “Night Cap”-Runde, über Europas Position im neuen Rennen um den Weltraum.
Vor einem Jahr machte die Europäische Kommission „Wettbewerbsfähigkeit” zum Leitprinzip einer neuen, ehrgeizigen Agenda. Die Stärkung der europäischen Fähigkeiten im Technologiebereich steht im Mittelpunkt dieser Ambitionen. Daher zielen europäische Initiativen auf alle Ebenen des sogenannten „Tech Stack” ab.
In Bereichen wie Halbleiter und Weltraumfähigkeiten steht Europa jedoch vor schwierigen Fragen. Einige Probleme lassen sich durch Kompromisse und Zusammenarbeit mit den USA und anderen Technologiepartnern lösen, andere nur durch das Stärken der Widerstandsfähigkeit oder sogar Unabhängigkeit. Vor diesem Hintergrund kamen am 15. Oktober 2025 mehr als 50 politische Entscheidungsträger:innen und Expert:innen aus der Technologiebranche und der Zivilgesellschaft zum MSC Technology Roundtable zusammen, um über den globalen Technologiewettbewerb und die Position Europas darin zu diskutieren.
Transatlantische Tech-Beziehungen: Keine Freunde mehr?
Streitigkeiten über Zölle, digitale Regulierung und andere Themen zwischen Europa und den USA haben in vielen transatlantischen Kreisen zu einer „Wir gegen die anderen”-Mentalität geführt. In der ersten Diskussionsrunde des Roundtable wurde deutlich, dass diese Sichtweise nicht hilfreich ist: Echte transatlantische Zusammenarbeit ist notwendig, insbesondere in einer Zeit, in der China und einige Golfstaaten Vorteile in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), Rechenleistung, und Energie aufbauen.
Teilnehmer:innen räumten ein, dass Europa in Bezug auf bestimmte technologische Fähigkeiten die Abhängigkeit von den USA akzeptieren und bewältigen muss. Dennoch betonten Europäer:innen, dass sie von den USA nicht nur als Kunden, sondern als Partner behandelt werden wollen. Die Teilnehmer:innen waren sich einig, dass Europa seine bestehenden technologischen Stärken stärker ausspielen muss. Um seinen Technologiesektor weiter auszubauen, müsste Europa jedoch tiefgreifende Reformen durchführen – darunter die Verwirklichung eines digitalen Binnenmarktes und die Vertiefung der Kapitalmarktunion, um innovativen Technologieunternehmen Wachstum zu ermöglichen.
Die Teilnehmer:innen betonten jedoch auch, dass Länder, die eine Führungsrolle bei neuen Technologien anstreben, sich nicht nur mit Innovation befassen sollten. Vielmehr werde die Verbreitung und breite Implementierung neuer Technologien wie KI in der Gesellschaft ein entscheidender Faktor dafür sein, welche Länder die Zukunft „gewinnen” werden. Im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder China hinkt Europa jedoch bei der Einführung dieser neuen Technologien hinterher.
Resilienz bei Halbleitern: Fishing For Chips?
In der zweiten Sitzung konzentrierten sich die Diskussionen auf Halbleiter – einen Bereich, in dem Europa gleichzeitig unverzichtbar für internationale Lieferketten ist und in hohem Maße von ihnen abhängig ist. Die Teilnehmer:innen betonten, dass Europa seine einzigartigen Wettbewerbsvorteile strategisch stärker nutzen sollte. Insbesondere dort, wo der Rest der Welt von Europa abhängig ist, beispielsweise bei Produkten von hochspezialisierten, weltweit führenden Unternehmen wie ASML.
Gleichzeitig sollte Europa die aufkeimenden Bemühungen zum Ausbau der Chip-Produktion in Europa weiterhin schützen. Die Teilnehmer:innen waren sich einig, dass ohne einen sicheren Zugang zu den erforderlichen Chips ein Großteil der europäischen Bemühungen zur Stärkung der Hightech- und Verteidigungsindustrie zum Erliegen kommen würde.
Um die Industrie in Europa langfristig zu fördern, forderten die Teilnehmer:innen gezieltere Investitionen und nannten Faktoren wie industrielle Ökosysteme und Abnahmegarantien als politische Prioritäten. Die Zusammenarbeit mit den USA, Japan, Südkorea und anderen Hightech-Partnern wurde ebenfalls als wesentlich für die Erhöhung der Resilienz und die Abwehr wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen angesehen.
Europäische Sternstunden? Europas Ambitionen im All
Der Roundtable endete mit einer “Night Cap”-Runde über die Ambitionen Europas im neuen Weltraumrennen. Auch hier unterstrich die Diskussion die Notwendigkeit, zu diversifizieren und europäische Lösungen zu fördern: Der Zugang zum Weltraum sollte nicht nur von wenigen Unternehmen abhängen. Die Rolle der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) bei der Unterstützung von neuen Unternehmen dabei, Risiken einzugehen und zu wachsen, wurde hervorgehoben. Eine Diversifizierung der europäischen und transatlantischen Raketenstartkapazitäten würde auch dazu beitragen, die dringend benötigte strategische Stabilität im Weltraum zu verbessern.
Teilnehmer:innen warnten, dass Weltraumkapazitäten sehr anfällig seien und schon ein einziger Vorfall in der Erdumlaufbahn den Weltraum auf unbestimmte Zeit unbrauchbar machen könnte. Um den Weltraum zu sichern, waren sich die europäischen und US-amerikanischen Teilnehmender:innen einig, dass eine transatlantische und sogar globale Zusammenarbeit erforderlich ist: durch Abschreckung von Aggressionen, effektive Verhaltensnormen im Weltraum, und die Entwicklung sicherer, nachhaltiger Weltraumtechnologien.
Über das Technologie-Programm
Der Technology Roundtable in Brüssel ist Teil des MSC-Technology-Programms. Technologie beeinflusst zunehmend, wie Staaten, Gesellschaften und Individuen ihre Interessen verfolgen und durchsetzen. Mit ihrem Technology-Programm möchte die Münchner Sicherheitskonferenz die Debatte über Regulierung, Governance und Nutzung von Technologien vorantreiben, um inklusive Sicherheit und globale Kooperation zu fördern.



