Veranstaltungsbericht

Münchner Sicherheitskonferenz veranstaltet virtuellen Dialog zu COVID-19 und Ernährungssicherheit

In Zusammenarbeit mit dem World Food Programme versammelte die Münchner Sicherheitskonferenz hochrangige Entscheidungstragende sowie Expertinnen und Experten zu einer virtuellen Diskussion, bei der David Beasley, Exekutivdirektor des World Food Programme, die aktuellen Auswirkungen von COVID-19 auf Ernährungssicherheit darlegte. Die Veranstaltung wurde von Boris Ruge, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, moderiert.

Am 7. Mai richtete die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) in Zusammenarbeit mit dem World Food Programme (WFP) eine MSC Digital Conversation aus. Unter dem Titel „Ein perfekter Sturm? – Ernährungssicherheit und COVID-19" diskutierte David Beasley, Exekutivdirektor des WFP zusammen mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus Regierungen, internationalen Organisationen, dem Privatsektor, Medien, NGOs und der Wissenschaft über die dramatischen Auswirkungen von COVID-19 auf die weltweite Ernährungssicherheit sowie mögliche Handlungsprioritäten.

Während der Diskussion hoben die Teilnehmenden hervor, dass COVID-19 selbst eine ernste und unmittelbare Bedrohung für Menschenleben darstelle, die sekundären und tertiären Auswirkungen der Pandemie sich jedoch als noch verheerender erweisen könnten. Ernährungsunsicherheit sei in dieser Hinsicht eine der größten Sorgen: Angetrieben durch eine Kombination verschiedener Faktoren – darunter Konflikte, der Klimawandel und wirtschaftliche Abschwünge – nahm Ernährungsunsicherheit bereits vor COVID-19 zu und betraf schätzungsweise 821 Millionen Menschen weltweit. Dieser Trend könnte sich rasch beschleunigen: Im Jahr 2020 könnte die Zahl der Menschen mit akuter Ernährungsunsicherheit aufgrund der Pandemie und ihrer Folgewirkungen 265 Millionen erreichen – doppelt so viele wie zu Beginn des Jahres geschätzt wurde.

Die Teilnehmenden betonten, dass sich die COVID-19-Pandemie aufgrund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu einer schweren Ernährungskrise mit sehr viel mehr Todesopfern durch Hunger als durch das Virus selbst entwickeln könnte: Vielerorts drohe Menschen durch die Unterbrechung von Produktions- und Lieferketten, Preissprünge und den Rückgang von Geldrücksendungen der Verlust von Lebensgrundlagen. Bislang sind weltweit weniger als 300.000 Menschen an dem Virus gestorben. Das WFP unterstützt 100 Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln, von denen 30 Millionen allein von der Organisation abhängen, um ihr Überleben zu sichern. Das WFP schätzt, dass jeden Tag 300.000 Menschen verhungern könnten, wenn die Versorgungsketten für diese stark gefährdete Gruppe für die Dauer von drei Monaten zusammenbrechen sollten.

If leaders don’t thread that needle right and balance the lockdowns, trade restrictions, border closures, et cetera, we’re going to have massive problems.

David BeasleyExekutivdirektor des World Food Programme

Die Bewahrung der globalen Ernährungssicherheit während der Pandemie sei eine der dringendsten Aufgaben für nationale Regierungen, den Privatsektor und die internationale Gemeinschaft. Sie erfordere eine Zusammenarbeit über Sektoren und Grenzen hinweg. Ein Teilnehmer betonte, dass Regierungen Gesundheitsmaßnahmen und die Aufrechterhaltung von Marktsystemen und Lebensmittellieferketten ausbalancieren müssten. Ein anderer Teilnehmer argumentierte, dass Unternehmen auf der ganzen Welt die makroökonomischen Auswirkungen im Auge behalten müssten, wenn sie beschließen, Aktivitäten einzustellen oder zu reduzieren: Eine Reduzierung der globalen Wirtschaftsaktivität um nur 10 Prozent hätte sehr ernste Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit.

COVID-19 verstärke die bereits bestehenden Schwächen des internationalen Ernährungssystems. Daher seien konfliktgebeutelte Regionen besonders anfällig für die aus der Pandemie resultierenden Folgen: Hunger, soziale Instabilität und politische Unruhen. Darüber hinaus sprachen die Teilnehmenden darüber, dass in vielen der betroffenen Länder die Arbeitsmärkte durch Informalität gekennzeichnet seien. Entsprechend wichtig sei es, die Krisenreaktionen danach auszurichten – unter anderem durch die Einbeziehung von Akteuren, die in lokale Gemeinschaften investieren. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die Zusammenhänge zwischen Ernährungssicherheit und Frieden weiter erforscht und dringend Maßnahmen ergriffen werden sollten, um zu verhindern, dass die drohende Hungerkrise mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie außer Kontrolle gerate.

Über die „MSC Digital Conversations"

Die MSC hat sich bereits frühzeitig mit der Gefahr auseinandergesetzt, dass sich Herausforderungen in lokalen Gesundheitssystemen zu globalen Krisen entwickeln können. Um Maßnahmen auf internationaler Ebene zu fördern, wurde gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Bill & Melinda Gates Foundation, dem Center for Strategic and International Studies, Chatham House, Merck und Johnson & Johnson der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsbehörden, NGOs, sicherheitspolitischen Expertinnen und Experten, dem Privatsektor und weiteren Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern vorangetrieben. Im Rahmen ihrer Human Security Series hat die MSC seit 2016 regelmäßig Veranstaltungen und Konferenzen zu Gesundheitsthemen organisiert. Darüber hinaus ist Health Security auch ein integraler Bestandteil der jährlichen Konferenz in München und der MSC Core Group Meetings. Zusätzlich widmet sich auch der einmal im Jahr erscheinende Munich Security Report immer wieder dem Thema Health Security.

Die MSC hat es sich zur Aufgabe gemacht, die COVID-19-Pandemie in den Mittelpunkt ihrer aktuellen Aktivitäten zu rücken. In den kommenden Wochen und Monaten wird die MSC eine Reihe hochrangiger Veranstaltungen mit dem Titel „MSC Digital Conversations" veranstalten, um die vielfältigen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die internationale Sicherheit zu beleuchten und den Dialog zwischen hochrangigen Vertretern aus Politik, Wissenschaft, internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen sowie dem Privatsektor zu fördern. In der Regel sind MSC Digital Conversations kleine, vertrauliche Besprechungen unter Chatham-House-Regeln. Einzelne Veranstaltungen werden jedoch für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Jeden Monat werden mehrere Digital Conversations stattfinden. Fragen zu diesen und anderen Veranstaltungen können gern an office@securityconference.de gesendet werden.