

MSC Kick-off 2025
Wie kann in einer zunehmend „multipolarisierten“ Welt eine „Depolarisierung“ der Beziehungen zwischen Staaten wie auch innerstaatlicher Beziehungen gelingen? Das ist die zentrale Frage des diesjährigen Munich Security Report 2025, der am 10. Februar in der Landesvertretung Bayern in Berlin vorgestellt wurde. Nach der Begrüßung der geladenen Gäste durch Staatsminister Florian Herrmann, nutzte Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), die Auftaktveranstaltung, um die rund 250 Gäste auf die anstehende Münchner Sicherheitskonferenz vorzubereiten. Nach der Präsentation des Munich Security Report durch Tobias Bunde, Director of Research & Policy, und Sophie Eisentraut, Head of Research & Publications der MSC, hielt Filippo Grandi, Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, einen Impulsvortrag und unterstrich darin die Notwendigkeit eines erweiterten Sicherheitsbegriffs. Daraufhin diskutierte Heusgen mit Louise Mushikiwabo, Maryem van den Heuvel und Wang Huiyao über die Herausforderungen und Chancen der „Multipolarisierung“ – sowohl zwischen Staaten als auch innerhalb von Gesellschaften.
„Als 1989 die Berliner Mauer fiel, hofften wir auf Frieden. Doch noch nie gab es so viele Krisen wie heute”, beschrieb Heusgen in seiner Begrüßungsrede den geopolitischen Kontext der anstehenden 61. Münchner Sicherheitskonferenz. Gemäß der bewährten Tradition fand auch der diesjährige MSC Kick-off wieder in der Landesvertretung Bayern in Berlin vor rund 250 Gästen aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft statt. Im Anschluss an die Präsentation des Munich Security Report 2025 sprachen Louise Mushikiwabo, Generalsekretärin der Internationalen Organisation der Frankophonie, Maryem van den Heuvel, Director General for Foreign Affairs, Enlargement, and Civil Protection im Rat der Europäischen Union und Wang Huiyao, Gründer und Präsident des Center for China and Globalization, über die Chancen und Risiken einer zunehmend multipolaren Welt, mögliche Reformen der internationalen Ordnung und die Zukunft des Multilateralismus.
Machtverschiebungen und Polarisierende Ideologien – der Munich Security Report 2025
Der Munich Security Report 2025 mit dem Titel „Multipolarization“, der im Rahmen des Kick-off vorgestellt wurde, soll Impulse für die Debatten auf der 61. Münchner Sicherheitskonferenz liefern und dient als Hintergrundlektüre für Sicherheitsexpert:innen und die breitere Öffentlichkeit. Kernfrage des diesjährigen Reports ist es, wie die Lösung globaler Probleme in einer Welt gelingen kann, die durch „Multipolarisierung“ geprägt ist – durch eine Machtverlagerung auf eine größere Anzahl von Akteuren bei gleichzeitiger zunehmender Polarisierung sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene.
Das heutige internationale System, so argumentiert der Report, weist Elemente von Unipolarität, Bipolarität, Multipolarität und Apolarität auf. „Es kommt darauf an, wo man hinschaut“, kommentierte Tobias Bunde diesen Umstand bei der Vorstellung des Reports. Doch eine Machtverschiebung hin zu einer größeren Anzahl von Staaten, die um Einfluss ringen, ist deutlich zu erkennen. Begleitet wird die Machtverschiebung von einer zunehmenden ideologischen Polarisierung innerhalb und zwischen Staaten. In vielen Ländern, insbesondere jenen des sogenannten Globalen Südens, wird zunehmende Multipolarität mit Hoffnung betrachtet. Der Munich Security Report aber argumentiert, dass aktuell die negativen Folgen von Multipolarität überwiegen – gerade weil Multipolarität von wachsenden inner- und zwischenstaatlichen Gräben begleitet wird. „Das pessimistische Szenario einer multipolaren Welt nimmt Gestalt an“, so Sophie Eisentraut.
Plädoyer: Ein Erweitertes Sicherheitsverständnis
Bevor Heusgen die Podiumsdiskussion eröffnete, sprach Filippo Grandi über den zentralen Stellenwert eines humanitären Sicherheitsverständnisses. Er ermutigte das Publikum und die geladenen Gäste der Münchner Sicherheitskonferenz, weiterhin nicht nur durch die militärische, politische und ökonomische Linse auf Sicherheitsherausforderungen zu schauen, sondern stets auch die menschliche Perspektive mitzudenken. Humanitäre Hilfe, die durch depolarisierte Kooperation zustande kommt, argumentierte Grandi, sei im Interesse aller Staaten.
Herausforderungen der Liberalen Internationalen Ordnung und Reformansätze
Auf der anschließenden Paneldiskussion unterstrich Louise Mushikiwabo die Dringlichkeit von Reformen der internationalen Ordnung, verwies aber auch auf Schwierigkeiten. Obgleich man sich innerhalb der Staatenwelt im Grunde einig sei, was sich ändern solle, argumentierte sie, stünden große Mächte, die an ernsthaften Reformen wenig Interesse hätten, Veränderungen regelmäßig im Wege. Großmachtwettbewerb verhindere Versuche, die bestehende Ordnung inklusiver zu gestalten. Maryem van den Heuvel warnte davor, dass mehr Multipolarität aktuell weniger Multilateralismus bedeute. Sie appellierte an die Zuhörer:innnen, dass Multipolarität nicht zur Lähmung der internationalen Gemeinschaft führen und internationale Zusammenarbeit behindern dürfe. Sie müsse stattdessen dazu beitragen, Staaten und Zivilgesellschaften zu aktivieren, damit diese den strukturellen Wandel aktiv gestalten. Wang Huiyao kritisierte, die Welt sei zwar bereits multipolar, das internationale System sei es aber bisher nicht. Um dies zu ändern, schlug er vor, die Reform des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und anderer Institutionen an der Gruppe der 20 (G20) zu orientieren, in der westliche Länder und Länder des Globalen Südens zu annähernd gleichen Teilen vertreten sind.
Die Debatte über die Folgen einer Multipolarisierung der Welt und die Suche nach Möglichkeiten, internationale Kooperation in einer sich stetig wandelnden Welt zu stärken, werden in wenigen Tagen auf der 61. Münchner Sicherheitskonferenz fortgesetzt.