

MSC veranstaltet Roundtable Diskussion zu hybriden Bedrohungen in Washington, D.C.
Am 1. November 2022 trafen sich auf Einladung der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) hochrangige RegierungsvertreterInnen, Think-Tank-ExpertInnen, investigative JournalistInnen und VertreterInnen aus der Wirtschaft in Washington, D.C. zu einem Roundtable-Gespräch über hybride Bedrohungen.
Am 1. November 2022 brachte die MSC eine Gruppe von ExpertInnen, darunter mehrere ehemalige Nationale Sicherheitsberater Amerikas, Leiter der National Security Agency und hochrangige Militärs, zu einem Roundtable-Gespräch über hybride Bedrohungen zusammen. Das Gespräch fand in Washington, D.C. unter Chatham-House-Regeln statt und gliederte sich in zwei Teile.
Der erste Teil konzentrierte sich auf Cyber-Bedrohungen. Die TeilnehmerInnen erörterten, welche Rolle Cyberangriffe bei der russischen Invasion der Ukraine spielen und welche Lehren andere Länder aus der erfolgreichen ukrainischen Abwehr dieser Angriffe ziehen können. Mehrere TeilnehmerInnen betonten, wie wichtig es ist, Backup-IT- und -Kommunikationssysteme einzurichten, für den Fall, dass Primärsysteme von einem Cyberangriff betroffen sind. Die Abhängigkeit der Ukraine von den Starlink-Systemen von SpaceX, die entstanden ist, nachdem ein russischer Cyberangriff die eigenen ukrainischen Kommunikationssysteme lahmgelegt hatte, zeigte, wie wichtig eine solche Backup-Infrastruktur ist.
Außerdem warnten mehrere TeilnehmerInnen vor den Folgen, die ein Durchbruch im Quantencomputing für die Verschlüsselungstechnologie haben könnte. Sie sprachen sich für einen transatlantischen Ansatz aus, um die Cybersicherheitsinfrastruktur auf das Zeitalter des Quantencomputers vorzubereiten. Um eine stärkere internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu ermöglichen, müssen Barrieren beim Informationsaustausch abgebaut werden. Derzeit hindern Sicherheitsvorschriften RegierungsbeamtInnen oft daran, Informationen über Quantencomputertechnologie mit ausländischen PartnerInnen zu teilen.
Schließlich diskutierten die TeilnehmerInnen über die Notwendigkeit, offensive Cyberfähigkeiten zu entwickeln. Dies wurde grundsätzlich als notwendig erachtet, da die US und ihre europäischen Verbündeten derzeit nur in der Lage sind, im Cyberraum defensiv vorzugehen. Mehrere TeilnehmerInnen mahnten aber an, dass die Entwicklung offensiver Cyberfähigkeiten eine Diskussion darüber erfordern würde, unter welchen Umständen diese Fähigkeiten eingesetzt werden sollten. Eine Person plädierte für eine „Cyber Posture Review“ nach dem Vorbild der amerikanischen Nuclear Posture Review.
Desinformationskampagnen als Hybrid Threat
Beim zweiten Teil der Diskussion ging es um andere Arten hybrider Bedrohungen, insbesondere Desinformationskampagnen, und darum, wie diesen begegnet werden kann. Mehrere TeilnehmerInnen wiesen darauf hin, dass man die Komplexität hybrider Bedrohungen nicht mit deren Wirksamkeit verwechseln sollte. So wird beispielsweise der Verbreitung von Desinformation über so genannte „Deepfakes“ viel Aufmerksamkeit geschenkt, dabei sind einfache „shallowfakes“, so wie leicht zu widerlegende falsche Erzählungen, bei denen es eher auf Quantität als auf Qualität ankommt, weiterhin wirksamer bei der Verbreitung falscher Narrative. Viele TeilnehmerInnen vertraten die Ansicht, dass der Schwerpunkt bei der Bekämpfung von Desinformation auf der Verbesserung der digitalen Kompetenzen der BürgerInnen und der Erhöhung der Transparenz in Bezug auf die Quellen von Online-Informationen liegen sollte, statt auf der Widerlegung oder Löschung einzelner falscher Darstellungen. Andere TeilnehmerInnen entgegneten, dass Desinformation in einigen Fällen so gefährlich oder schädlich sein kann, dass Transparenz bezüglich der Quelle nicht ausreicht und die Löschung durchaus notwendig sein kann. Es wurde auch das Argument vorgebracht, dass größere Transparenz bei den verwendeten Algorithmen der sozialen Medien die die Verbreitung von Desinformation befördern, gefragt sei.
Mehrere TeilnehmerInnen betonten auch, wie wichtig es sei, die „diskursive Kraft“ zu fördern, indem man wirkungsvolle Konternarrative zu Desinformationskampagnen schafft. Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky hat gezeigt, wie man russischen Desinformationskampagnen mit einer wirksamen Kommunikationsstrategie entgegentreten kann. Daraus, so die TeilnehmerInnen, sollten auch die USA und Europa Lehren ziehen. Schließlich wurde auch das Risiko hybrider Bedrohungen für die kritische Infrastruktur erörtert. Die TeilnehmerInnen schlugen die Einbeziehung von RegierungsvertreterInnen mit Energieschwerpunkt bei Diskussionen über die nationale Sicherheit vor, damit etwaige Risiken für die Energieinfrastruktur angemessen berücksichtigt werden können.
Die MSC blickt auf eine konstruktive Diskussion über das relevante Thema der hybriden Bedrohungen zurück. Die Diskussion hat zahlreiche neue Anregungen für künftige MSC-Veranstaltungen sowie für die Transatlantic To-Do-List der MSC gebracht.